„Notspielzeug: Die Phantasie der Nachkriegszeit“ im Spielzeugmuseum
In seiner ersten Bürgerausstellung „Notspielzeug. Die Phantasie der Nachkriegszeit“ präsentiert das Spielzeugmuseum vom 26. Juni 2015 bis 1. Februar 2016 selbstgemachtes Spielzeug der letzten Kriegsjahre und der unmittelbaren Nachkriegszeit. Als nach einem Medienaufruf fast alle Ausstellungsstücke von Menschen aus Nürnberg, Franken, Bayern und ganz Deutschland ins Spielzeugmuseum gebracht wurden, wurde aus einer Sonderausstellung eine „Bürgerausstellung“. Die Resonanz war so enorm, da die Generation der Kriegs- und Nachkriegskinder ihr Notspielzeug seit 70 Jahren wie Schätze gehütet hatte. Mit der Menge der persönlichen Reaktionen und der Vielzahl der Exponate hatte im Spielzeugmuseum niemand gerechnet – was bedeutete, dass teilweise selektiert werden musste. Doch die Kernidee der „Bürgerausstellung“, dass Menschen ihr Museum mitgestalten, wurde in vielfältiger Form verwirklicht.
Das Ausstellungsteam erfragte die persönlichen Geschichten der Kriegs und Nachkriegskinder, recherchierte die Fakten und sammelte historische Fotografien. Die Bürgerausstellung kommuniziert auf Augenhöhe mit den Besuchern: Nicht die wissenschaftliche Beschreibung steht im Mittelpunkt, sondern die Authentizität der Notspielzeug-Unikate und der Umgang mit
ihnen. Denn gerade das Thema „Notspielzeug“ lässt neugierig werden: Wer steckt hinter den Objekten? Wer hat sie gemacht? Wann und wie? Welche Materialien wurden dafür verwendet? Und wem gehören die zum Teil ganz schlichten, zum Teil hoch ästhetischen und stets Liebe
ausstrahlenden Spielsachen? Die Ausstellung präsentiert das Thema in erzählten Texten, lesbar und hörbar, fröhlich und phantasievoll und ist damit ein Gegenbild zur allgemein geläufigen Darstellung von Not und Elend der Nachkriegszeit.
Bei der Gestaltung der Ausstellung wurde Wert darauf gelegt, die Exponate in einem der Zeitgeschichte wie auch dem Spielzeug angepassten Umfeld darzustellen: Ein Diorama von Nürnberg als großes Papiertheater zeigt zwar die Stadt in Trümmern, doch wird diese Stimmung mit Notspielsachen zum Thema „Schausteller und Volksfest“ konterkariert, was belegt, dass es trotz des
tristen Umfelds möglich war, mit den Spielsachen Fröhlichkeit und Lebensfreude aufkommen zu lassen. Die Texte im Raum wurden sowohl in Kinderhandschrift als auch in zeitgenössischen Schreibmaschinen-Typen auf weißes Papier getippt.
Die Vitrinen wurden mit Zwischenwänden versehen, so wie es in der Nachkriegszeit üblich war, denn mangels Wohnraum wurden in vielen Häusern und Wohnungen Leichtbauwände eingezogen, um innerhalb der Wohnungen private Wohneinheiten zu schaffen. Basis für die Gesamtgestaltung sind Hartfaserplatten, ein billiger Baustoff, der schon seit den 1920er Jahren genutzt wurde und in den Nachkriegsjahren weite Verbreitung fand – für Häuser, Wohnungen, Reparaturen und Spielsachen aller Art gleichermaßen. Über den Ausstellungsvitrinen ragen Dachlattenkonstruktionen als Zitate für den überall notdürftig instand gesetzten Wohnraum heraus.
Info: www.kpz-nuernberg.de