Uni Stuttgart und Lindenmuseum forschen zur Museumsakustik

Ob ein Museum ein Thema erfolgreich vermitteln kann, hängt auch davon ab, wie sich die Besucher in den Museumsräumen fühlen. Ein wichtiger, aber bisher wenig erforschter Einflussfaktor ist dabei die Museumsakustik. Prof. Martin Fromm (Lehrstuhl Pädagogik) und Prof. Philip Leistner (Lehrstuhl Bauphysik) der Universität Stuttgart untersuchen diese Zusammenhänge jetzt in Zusammenarbeit mit dem Stuttgarter Lindenmuseum. Für den experimentellen Teil der Studie wurde in einem Raumlabor auf dem Campus Vaihingen eigens eine Ausstellung afrikanischer Masken eingerichtet. Das interdisziplinäre Forschungsprojekt gehörte zu den Gewinnern des Wettbewerbs „Geist trifft Maschine“ an der Universität Stuttgart, an dem sich Teams beteiligen konnten, die jeweils aus Ingenieur- und Naturwissenschaftlern sowie Geistes- und Sozialwissenschaftlern zusammengesetzt sind.

 

Uni Stuttgart und Lindenmuseum forschen zur Museumsakustik

 

Viele der circa 7.000 Museen hierzulande werden heute als Bildungsinstitutionen und Lernorte verstanden, die einer breiten Öffentlichkeit kulturell bedeutsame Inhalte vermitteln sollen. Wie erfolgreich sie mit ihrer Arbeit sind, ist allerdings trotz einem Jahrhundert Besucherforschung weitgehend unbekannt. Das gilt insbesondere, wenn es um innere Prozesse wie Empfindungen und Lernvorgänge geht und darum, wie diese durch die Gestaltung von Ausstellungen beeinflusst werden. So ist etwa unbekannt, wie sich bestimmte Raumbedingungen auswirken. Neben Raumtemperatur und Luftqualität beeinflusst insbesondere die Akustik das Wohlbefinden sowie Konzentration und Lernprozesse. In Büros oder Klassenzimmern sind diese Wirkungen bekannt. Beobachtungen und Befragungen von Besuchern lassen ähnliche Zusammenhänge auch in Museen erwarten. In vielen Räumen kollidieren Kontemplation und Kommunikation, so dass sich Besucher bestenfalls flüsternd unterhalten und Kinder zur Ruhe ermahnt werden. Museen werden so nicht selten als sterile, ja beklemmende Orte erlebt.

 

Doch welche akustische Atmosphäre erwarten die Besucher? Wie beurteilen sie weitgehende Ruhe im Vergleich mit typischen Alltagsgeräuschen oder Soundinstallationen zu Exponaten einer Ausstellung? Um diese Fragen zu erforschen, setzten die Wissenschaftler die Besucher des Raumlabors verschiedenen akustischen Szenarien aus – von Verkehrsgeräuschen bis zum rhythmischen Trommeln. Anschließend ermittelten sie die Einschätzung der rund 60 Versuchspersonen im Alter von 18 bis 65 Jahren und analysierten diese.

 

Im Ergebnis bevorzugen die meisten Probanden die Ruhebedingung, während alltägliche Hintergrundgeräusche wie Schritte, Stimmen oder vorbeifahrende Autos klar stören. „Dieses Urteil hat uns in seiner Deutlichkeit überrascht, da die Alltagsgeräusche in Flüsterlauterstärke dargeboten wurden“, erklären Prof. Fromm und Prof. Leistner. Dagegen wurden die deutlich lauteren Trommelklänge, die als Hörkulisse zu den ausgestellten Masken präsentiert wurden, nicht nur ablehnend beurteilt. „Dieses Geräuschszenario wirkte polarisierend: Für eine Gruppe bot die Musik einen stimmungsvollen Kontext, andere fühlten sich bei der Lektüre der Texte in ihrer Konzentration gestört“, beobachteten die Wissenschaftler. Ausgehend von diesen Befunden folgern die Wissenschaftler, dass Museumsräume eine ruhige Atmosphäre unterstützen, Störungen unterdrücken und vor allem aber „akustische Zwänge“ vermeiden sollten. Soundinstallationen als wirkungsvolles Element zur Unterstützung der Authentizität von Exponaten dürften nicht zur Dauerbeschallung werden, sondern sollten vielmehr eine individuelle Wahlfreiheit lassen.

 

Info: www.uni-stuttgart.de , www.lindenmuseum.de

 

Masken-Ausstellung zur Erforschung der Museumsakustik in einem Raumlabor der Uni Stuttgart (Foto: Universität Stuttgart)